Es ist schon acht Jahre her, dass ich das erste Mal einen schönen Pool in der Nähe von Speyer beangelt habe. Mittlerweile kann ich den See mit ruhigem Gewissen beim Namen nennen, ohne dass ich Angst haben muss, dass ich ein Chaos an dem kleinem, acht Hektar großen, See verursache. Das Chaos ist da nämlich schon seit einigen Jahren, was auch der Hauptgrund ist, warum ich dort nicht mehr zum Fischen gehe. Der See heißt Schulgut und gehört zu drei Seen die im Besitz des Angelvereins Waldsee sind.


Damals habe ich durch Zufall von diesem See erfahren. Als ich am See ankam, untersuchte ich ihn genau, um einen versteckten Platz zu finden, der sehr produktiv sein sollte. Ein wie zum Karpfenangeln geschaffener Platz war am Anfang des Sees. Es war ein Plateau, das bei Niedrigwasser teilweise aus dem Wasser ragte. Damals dachte ich mir: „Wenn hier irgendjemand auf Karpfen fischt, dann tut er es hier - folglich kein Platz für mich! Nach mehreren Stunden Suche entschied ich mich für einen Platz auf der Waldseite. Die Frage war nur, ob ich das ganze Tackel 250 Meter durch den Sand schleppe oder alles mit dem Boot rüber bringe. Der Spot selbst war leicht verkrautet, aber nach zwei, drei Tauchgängen, hatte ich schon genug freien Platz geschaffen. Die Uferkante war leicht abfallend bis auf drei Meter Tiefe, nach ca. zehn Metern vom Ufer entfernt war es dann steil abfallend auf zwölf Meter. Auf diesem Spot hatte ich in einem kurzen Zeitraum von nicht mal zwei Monaten alle große Karpfen aus diesem See schon mehrmals gefangen.
Es war schön, ein so absolut jungfräuliches Gewässer zu beangeln. Nicht mal die Leute, die diesen See bewirtschaftet hatten, waren sich über dessen Kapazität bewusst. Kein Wunder, es gab nicht mal einen Karpfenangler in ganzen Verein. Der See galt als sehr gutes Hecht-, Zander- und Aal-Gewässer. Mit der Vorstandschaft bin ich sehr schnell nach einer Fischereikontrolle in Kontakt gekommen. Ich hatte im Sack einen schönen Schuppi und befürchtete deren mögliche Forderungen, dass ich den Schuppmann eventuell töten musste!
Aber das Gegenteil traf ein, der Kontakt mit diesen Leuten verlieh mir ein Gefühl, das man als Karpfenangler in Deutschland selten erlebt. Eine junge Vorstandschaft, freundlich, bereit, neue und fortschrittliche Dinge zu akzeptieren und zu übernehmen, und, und, und...
Nach kurzer Zeit hatte ich mit dem Jugendwart (heute zweiter Vostand) einen Crashkurs für deren Jugendliche gehalten und es war wirklich schön mit diesen Leuten zusammenzuarbeiten und dort zu angeln.
Aber alles hat ein Ende und so auch die Idylle und Ruhe an diesem See. Dafür reicht ein Camper (sorry, ich will nicht alle Camper schlecht machen), der einen Karpfen fängt und gleich zu Tode quält und sich dann noch damit wichtig macht. Dennoch sind die Leute aus der Vorstandschaft weiter so nett geblieben. Damals wusste ich schon, dass die nächste Sesson nicht einfach wird. Dass sich noch einige andere Karpfenangler hier mit ihrer gesamten Artelerie einnisten werden und dass die Gutmütigkeit der „Pächter“ missbraucht werden wird - und so kam es auch!
Mein Hobby und meine Leidenschaft ist das Karpfenangeln und in keinem Fall das „Fächten“. Deswegen habe ich mich entschlossen, diesen See nicht mehr zu befischen, obwohl ich für die geleistete Arbeit mit deren Jugend vom Verein Waldsee eine Jahreskarte geschenkt bekommen hatte. Der Kontakt und die Freundschaft zu einigen Leuten wurde aber weiter gepflegt, so dass ich diese am Neckar als Gastgeber empfangen durfte. Trotz einiger Meldungen über gute Fänge aus diesem See wollte ich bei dieser „Schlacht“ nicht teilnehmen. Bis ein Bild in einer Zeitschrift erschien, auf dem ein Karpfen mir sehr bekannt vorkam - nur hatte er auf dem Bild einige Kilos mehr. Die Kollegen haben folglich sehr gut gefüttert und die Fische sind gut abgewachsen.
Mit diesem Karpfen hatte ich mein ganz persönliches Problem, denn ich hatte ihn schon zweimal gefangen und besitze trotzdem kein gutes Foto von ihm. Das erste Mal hat mich der Onkel meiner Frau fotografiert - das war für die Katz! Das zweite Mal ...hä... wenn ich nur daran denke... könnte ich wieder lachen und heulen gleichzeitig. Ich wollte ihn im Wasser fotografieren und kaum hatte ich die Abhakmatte mit dem „Kerl“ auf dem Wasser abgelegt, schoss er wie aus der Kanone gefeuert ins Wasser und verabschiedete sich ohne „tschüss“ und ohne Foto.
Es war Sommerloch-Zeit und am „Schulgut“ herrschte Ruhe, zumindest was das Karpfenangeln angeht - die Badegäste waren hyperaktiv. Genau zu dieser Zeit wollte ich es noch einmal versuchen, meinen Schuppenfreund zum Fototermin zu überreden. Mit einer gewissen Menge Boilies und guter Hoffnung bin ich einfach hingefahren. Ohne groß zu überlegen, hatte ich mich wieder für meinen alten Platz entschieden. Folglich ging es wieder über den Sandstrand und um einige „Bergchen“ herum (jaaa, die „obenohne Titten“ und „Tanga-Popo’s wälzen sich da...) in Richtung Wald. Von dort konnte ich mit der Hand meine Boilies genau auf den Spot verstreuen. Aber der Spot sah irgendwie nicht mehr so wie früher aus, ich konnte den kiesigen Grund nicht erkennen - es schien alles ziemlich verkrautet zu sein. Na ja, zurück ins Auto - über und um die schon erwähnten schönen „Berge“ und das kleine Desant-Boot holen.
Als ich über dem Spot war, wurden meine Befürchtungen bestätigt. Kraut ohne Ende und es kam mir vor, als hätte ich den Schwarzwald unter mir. Es gab nicht einen Quadrat-zentimeter, der in diesem Bereich frei von Kraut war. Hier hatte vermutlich in der Zeit meiner Abwesenheit keiner gefischt - das ist gut!
Da ich mit dem Boot schon da war, verstreute ich noch einige Boilies, in der Hoffnung, dass sie von Karpfen in diesem Unterwasserdschungel gefunden werden. Wieder am Ufer angekommen, habe ich meinen Freund Udo aus Waldsee angerufen und schilderte ihm mein Problem. Wie immer war er sofort bereit mir zu helfen und bot mir einen Rechen an, den sie im Verein auch zum Freimachen verkrauteter Plätze benutzten. An diesem Tag konnte ich aber nichts mehr arbeiten, da die Schmerzen in meiner rechten Hand immer stärker wurden, ich litt unter einem „Kapaltunell-Syndrom“ und zwar im fortgeschrittenem Stadium.
Die Schmerzen wurden immer unerträglicher und der OP- Termin war noch acht Tage entfernt. Da gab es nur, Augen zu und durch!
Am nächsten Tag war ich gleich nach der Arbeit schon im Auto unterwegs zum 75 Kilometer entfernten „Schulgut“. Dort wartete schon Udo, um mir Instruktionen zu geben, wie man mit dem Rechen umgeht. Das ist nicht jedermanns Sache und natürlich hätte er mir auch geholfen. Zuerst dachte ich, dass die ganze Arbeit aus dem kleinen Boot zu erledigen sei. Doch sobald sich der Rechen im Kraut verfangen hatte und ich an dem Strick zog, hat sich das Boot gleich über den Spot begeben und ich konnte gar nicht den Spot abrecheln.
Es gab nur die Möglichkeit, den Rechen am Spot abzulassen, dann zum Ufer zu paddeln, mit der linken oder rechten (abwechselnd wegen der Schmerzen) Hand an einer Baumwurzel festhalten und mit der anderen Hand den Strick zu ziehen. So habe ich den ersten Teil meines Spots von Kraut befreit. Danach schmerzte die rechte Hand - kurze Pause bitte!
Die steilere Kante musste ich vom Ufer aus im sogenennten „Rechenwurf-Stil" sauber machen. Nur gut, dass ich eine Zeitlang auch Handball trainiert hatte - Speerwerfen wäre aber besser gewesen!
In jedem Fall dachte ich nach ungefähr einer Stunde Arbeit, dass ich den Spot einigermaßen krautfrei habe. Denn schließlich lag am Ufer ein ordentlicher Berg (nein, nicht „Bergchen“) aus Kraut und meine Hand schmerzte noch mehr. Zur Sicherheit und trotz gewaltiger Schmerzen in der rechten Hand entschloss ich mich noch einmal zu tauchen, um zu sehen, wie es unten aussieht. Jedoch musste ich noch warten, bis sich der aufgewirbelte Schlamm etwas abgesetzt hatte, was auch meiner Hand gut tat.Mit Taucherbrille, Schnorchel und Flossen ging es in die Tiefe! Der Spot war noch nicht ganz sauber und befischbar. Es lagen noch einige Krautfelder direkt an der Stelle, an der ich die Montagen präsentieren wollte.
Folglich noch einmal den Rechen in die Hand genommen und dann war „Unterwassergärtnerei“ angesagt. Das ist die prädestinierteste Methode den Spot krautfrei zu machen, aber auch die schwierigste - und dann noch mit diesen Schmerzen!!!
Nach fast vierstündiger (schwerer) Arbeit war der Spot wieder so wie ich ihn kannte und meiner Meinung nach sollte er so auch wieder produktiv werden.
Noch mal gefüttert und ab nach Hause über die... nein heute waren die „Bergchen“ (leider) nicht da - es war Montag. Schade, man könnte sich daran gewöhnen darüber zu hüpfen. Danach kam eine dreitägige Futterkampagne - freitags ließ ich es dann ausfallen, denn da bin ich nur ungern auf der Autobahn und nur wegen dem Füttern eventuell stundenlang im Stau stehen wollte ich mir nicht antun. Die Angelaktion war nur für Samstag angesagt.
Samstags war ich dann am späten Nachmittag am See und "außer" ein paar Allroundanglern und "nur" hunderte von Badegästen war niemanden zu sehen.
Am anderen Ufer, nahe meines Platzes, sah ich statt schönen „Bergchen“ so etwas wie einen „See-Elefant“ am Walzen. Ein Grund mehr an diesem Ufer zu bleiben und die Montagen mit dem Boot rauszubringen.
Bis ich alles aufgebaut hatte, waren auch die Badegäste deutlich weniger geworden und die Schnüre wurden sowieso mit Absenkbleien ein bisschen „tiefergelegt“.
Kurz vor dem Dunkelwerden hatte ich meine Montagen auf dem Spot postiert und um sie noch einige Boilies verstreut. Auf beiden Ruten hatte ich eine Snowman-Präsentation, da ich aus Erfahrung weiß, dass das erstens hier funktioniert und zweitens an Gewässern mit viel Kraut oder Schlamm Snowman ein „Muss“ ist.
Es war alles bereit und ich machte es mir auf meiner Liege gemütlich, um mit einem Kumpel, der ein paar Kilometer entfernt angelte, zu telefonieren, als sich mein linker Bissanzeiger meldete. Aber nicht so wie man es will oder erwartet - nur ein Piep und dann alle 20 Sekunden noch einer! Oh nein, dachte und sagte ich, es wird doch nicht eine Brasse sein. Es war aber eine, die ich ohne jeglichen Wiederstand einkurbelte, trotz derer beachtlichen Größe - was für ein Schlappfisch! Oder hatte sie nur Rücksicht auf meine Schmerzen in der Hand genommen?
Neuen Hakenköder drauf und ab Richtung Spot. Dank der hellen Beleuchtung des Vollmondes war es nicht schwierig die Rute genau abzulegen. Noch bei Tageslicht hatte ich mit zwei kleinen Schwimmern mit Mini-Betalights den Spot markiert. Da um den ganzen Spot Krauturwald ist, habe ich meine Safety Clips so präpariert, dass mein Kugelblei nur so lange dran bleibt, bis der Fisch gehakt ist. Danach fällt es ab, und der Drill ist weniger gefährlich und viel schöner. Mit „Ach und Krach“ kam ich bis ans Ufer und als die „Waffe“ wieder „scharf“ war, habe ich das unterbrochene Gespräch mit meinem Kumpel fortgesetzt. Jedoch nicht mehr lange, da ich von lauter Schmerzen nicht mehr reden wollte. Wir verabschiedeten uns mit der Abmachung, dass, wenn einer etwas fängt, der andere zum Fotografieren kommt. Kurz vor dem Einschlafen konnte ich ein „Jumper“ direkt an meinem Spot erörtern. Der Schlaf war nicht von langer Dauer, denn der Dauerton meines (wieder linken) Bissanzeigers riss mich aus meinen Träumen. Meine Rute konnte ich von der Liege aus in die Hand nehmen. Bis ich aber aus dem Schlafsack raus war und richtig kapiert hatte, was da los war, hatte der Freund am anderen Ende schon seine Bahnen durch das Kraut gezogen. Der Widerstand war sehr groß, und ich spürte, dass der Kontrahend seine Chance im Kraut sah. Es blieb mir nichts übrig, als ins Boot zu springen und mich schnellstmöglich an den Fisch ranzuziehen.
Der Mond stand in seiner voller Pracht auf dem höchstem Punkt und ich gleitete über die glatte Wasseroberfläche in Richtung anderes Ufer. Schnell hatte ich den Kämpfer an der kurzen Leine, jedoch an aufgeben dachte er nicht. An meine Hand dachte er auch nicht, und ob ihr mir glaubt oder nicht, es kamen an einem Moment die Gedanken, die Rute mit dem Fisch ins Wasser zu lassen - es war einfach unerträglich.
Mit Stöhnen und Beten, dass er aufgibt, habe ich die Rute abwechselnd links und rechts gehalten.
Das erste Drittel meiner 2 lb Rute war ständig im Wasser und ich spürte wie er immer noch ziemlich tief war und durch die Krautsäulen durchzog - ich hoffte nur, dass die Schnur das aushält. Nach allen ausgesprochenen Gebeten und anschließenden Schimpfwörtern, von mir zeigte er sich. Die spiegelglatte Wasseroberfläche wurde von einem ziemlich großen Schuppenkarpfen durchbrochen. Dank der fast taghellen Verhältnisse konnte ich sehen und vermuten, dass es sich um einen Volltreffer handelte.
Jetzt nur noch die Ruhe und Kraft bewahren und den Kampf bis zum Ende bringen. Noch ein paar Mal die Hand wechseln und das Ding ist im Kescher - ich wusste nicht, ob ich vor Freude oder vor Schmerzen schreien sollte - ich schrie wegen beidem. Nun stand mir die Rückfahrt bevor - in einem kleinem Boot, das deutlich überladen und Einhand-Betrieb war. Mir kam es vor, als wäre ich auf dem Meer und würde das Land nie mehr erreichen. Ich dachte: Wenn ich nur aufstehen könnte, um mir ordentlich in den Ars.. zu treten, dass ich mich wegen eines Fisches auf solche Schmerzen einlasse. Aber der Fisch war im Kescher und es war vermutlich mein Zielfisch. Das gab mir einen Kraftschub sowie Anestesie und einarmig kam ich irgendwie bis zum Ufer. Nach kurzem Ausruhen wollte ich den Schuppmann genauer betrachten und wiegen. Dank einiger Merkmale, die er hatte, konnte ich feststellen, dass es sich um die „Person“ handelte, die ich gesucht hatte. Nur das Gewicht stimmte nicht - ich meine von unserer letzten Begegnung. Er hatte zwei Kilo zugelegt und die standen ihm sehr gut. Ich habe den Fisch ordentlich versorgt und dann meinen Kumpel über meinen Fang verständigt. Die Rute habe ich nicht mehr rausgebracht - Mission erfüllt! Gott sei Dank, dass die andere Rute doch in irgendeinem Krautwuschel abgelegt oder verzogen war und ich keine Aktionen mehr hatte - es wäre viel zu viel gewesen.
Am frühen Morgen (bevor die ersten Neugierigen rauskamen), stand wie ausgemacht mein Kumpel da. Ich nahm den wunderschönen Fisch in die Arme, um die Fotoformalitäten schnell zu erledigen und siehe da - sein Körper hatte eine Wunderwirkung. Die Schmerzen in meiner Hand waren wirklich in diesem Moment ganz weg. Ich kam aber schnell aus der Trance zurück und der Schuppi auch schnell zu seinem Element.
Am nächsten Morgen lag ich schon auf dem Operations-Tisch mit ausgestrecktem Arm und der Onkel Doc hat seine Arbeit getan. Nach zwei weiteren Tagen hatte ich die Schmerzen schon ganz vergessen. Dennoch erinnere ich mich gerne wieder an diese „versüßten Schmerzen“, da sie mir gezeigt haben, dass sogar bei einem Hobby nicht alles ganz leicht ist. Manchmal muss man sich eben sehr anstrengen und das sogar wegen ziemlich einfacher Dinge - ich hoffe, dass das Bericht einige dazu bewegen wird.

Nicht arbeitsscheu sein - Tight Lines.

Eurer Tomi Popovic

alias Toma Karp