Winter, Schnee und Naßkälte ist offensichtlich nicht Jedermanns Sache, deswegen widmen sich viele Kollegen in der Zeit von November bis März anderen schöneren Dingen als Durchfrieren am Wasser. Ob es das bloße Durchfrieren am Wasser ist, werden wir in den nächsten Zeilen des Textes sehen. In vielen Kreisen der
Carp Hunters herrscht die Meinung, daß der Karpfen bei niedrigerer Wassertemperatur als 10° C kaum noch Nahrung aufnimmt und daß es sinnlos wäre ihn im Winter zu überlisten. Es stimmt, daß die Lebens-funktion des Karpfens in den Wintermonaten auf ein Minimum reduziert wird, aber er ernährt sich trotzdem natürlich mit kleinerer Intensität und auf andere Weise wie im Frühling oder Herbst, die Zeit in der der Karpfen die meiste Aktivität zeigt. Da ich 95 % meiner Angelstunden am Fluss verbringe möchte ich deswegen ein paar Wörter schreiben, wie ich Karpfen in der Winterzeit fische.
-Ein Schluck heisser Glühwein auf -16°C wärmt schön von innen auf.
Viele wissen, daß ich das Glück habe als Karpfenangler am Ufer des Flusses Neckar zu leben, der als einer der besten Karpfengewässer Europas gilt. Selbstverständlich dass ich die meiste Angelzeit an diesem Fluss verbringe und daß ich über dieses Gewässer die meisten Informationen besitze. Angeln am Fluss unterscheidet sich in manchen Situtationen sehr von Angeln an Bagger- oder Stauseen. Der Karpfen im Fluss ist auch im Winter viel aktiver als in stehenden Gewässern allein durch den Konflikt mit der Strömung und dem Schiffsverkehr, die ihn zu ständiger Bewegung zwingen. Dadurch hat der Karpfen automatisch einen größeren Energieverbrauch, welcher durch Fressen ersetzt werden muß. Der Neckar ist durch Staustufenschleusen geteilt, die im Durchschnitt ca. 10 km voneinander entfernt sind. Jede Strecke sieht ähnlich zu den anderen aus, trotzdem hat aber jede eine eigene Charakteristik. Eine von diesen Charakteren sind die Warmwassereinläufe, was in der Winterzeit die Suche nach den Karpfen sehr erleichtert. Der Neckar bis zur Mündung in den Rhein hat mehrere Warmwassereinläufe was für seine Wassermenge genug ist um den um ein paar Grad wärmer als andere Flüsse zu machen. Dadurch ist die intensive Ernährung des Karpfens durchschnittlich im Jahr etwas länger was automatisch zu sehr schnellem Wachstum des Karpfens führt. Das bedeutet aber nicht, daß es einfach ist den Karpfen am Neckar in Winterzeiten zu überlisten. Das ist nicht einmal in der besten Jahreszeit einfach, weil der Neckar, meiner Meinung nach, ein sehr launischer Fluß ist.
-Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Bekleidung.
Weil die Information über den Angelplatz das A und O des Karpfenangelns ist und der größte Teil des Erfolges, sammle ich solche Informationen das ganze Jahr über. Der Karpfen allein wird in Winterzeiten sehr selten Informationen über seinen Aufenthaltsort geben, deswegen muß ich mich auf meine Erfahrung und meinen Instinkt verlassen. Zu vielen Informationen komme ich allein, aber auch durch Gespräche mit meinen Angelkollegen aus unserer Carpgroup. Echolot und Schwimmen (im Sommer) sind natürlich beste Informationsgeber, die mir auch im Winter zu Nutzen sind. Meistens untersuche ich die Plätze, von denen mir es scheint, daß das Wasser etwas ruhiger fließt als sonst im ganzen Bereich, weil es meistens auch die tieferen Stellen sind. Vielleicht sieht der Neckar ein bißchen einseitig und langweilig aus, aber das Flussbett versteckt ein sehr breites Spektrum an Unebenheiten, die dem Karpfen die Möglichkeiten bieten für eine längere Aufenthaltszeit in den Winterperioden.
Löcher, Kanten, Plateaus übersät mit Muscheln und abgestorbene Krautfelder sind Plätze, in denen der Karpfen sich öfters aufhält und Nahrung sucht in den Wintermonaten.
- Im Winter sind Minis und Ministringer immer auf einer meiner Montage dran.
Natürlich gebe ich wie viele andere, die Priorität der Strecke, die einen Warmwasserauslauf besitzt, weil der Karpfen durch eine konstante optimale Temperatur viel aktiver ist im Vergleich zu einer Strecke, die 1 bis 3° C weniger hat. Der Warmwassereinlauf an dem ich ab und zu angle ist eine Geschichte für sich. Sehr oft wünsche ich mir, daß es diesen Platz nicht mehr gibt, weil dort Sachen passieren, die für uns Karpfenangler nicht zu dem normalen Leben gehören. Nämlich wegen seinem Komfort, der dieser Platz bietet (mit dem Auto bis fast ins Wasser und Geländer statt Rutenständer) da angelt jeder und alles. Genauso wird auch alles mitgenommen ohne Rücksicht auf die Größe (zu groß oder zu klein), Schonzeit usw.. Ich möchte nicht im Detail erwähnen wie der Platz aussieht, weil man auf der Stelle durch die liegengelassenen Gegenstände (Ambalage) sehen kann, wer und mit welchem Zubehör, Köder und Haken angelt und wer was isst und trinkt. Einfach ein Platz ohne ein Hauch von Ethik! Dazu kotzen mich die Angler an, die dort (und nicht nur dort) mit verschiedenen Hunden-, Katzen und was weiss ich welchem Futter noch auf Karpfen angeln. Hauptsache BILLIG!!! Ich denke, daß man Frolic für die Hunde und Wiskas für die Miezekatze lassen sollte und für unsere lieben Karpfen gibt es die schon sehr oft bewährten Boilies. An dem direkten Warmwassereinlauf fische ich sehr selten und zwar nur dann, wenn es durch den zu hohen Wasserstand woanders unmöglich ist zu angeln oder bei zu extremen Wetterbedingungen (wenn ich vielleicht alleine am Wasser bin) und ziemlich sicher bin, daß die größere Zahl der Karpfen wegen Nahrungssuche im Kanal ist, der gepflastert ist mit Muscheln. Dann wäre es aber auch mehr eine Rettungsaktion für unsere Karpfen von Hammern und Messern von den schon oben genannten Anglern, als Angelei voller Freude. Angeln an solcher Stelle ist keine große Kunst. Dort ist normales Angeln in aller Ruhe möglich nur bis zur ersten Ankunft von „Spezies„ und deren „sehr zartem“ Autotürzuschlagen, marschieren am Ufer entlang, Ausrüstung auspacken, Ruten ans Geländer schmeißen, Wasser mit Eimern für Köderfische rausholen und im Mintuenintervall Montage rauswerfen und reinholen. Das ist einfach ein Notplatz und ein Platz, der in keinem Fall die Ruhe und Idylle eines Karpfenangelplatzes bietet. Deshalb versuche ich mit einigen anderen Kollegen, die Karpfen weit von der „Twighlight-Zone“ zu halten, damit daß ich täglich die Plätze 200 und mehr Meter unterhalb vom Einlauf mit einer großen Menge Boilies anfüttere.
Noch ein guter Grund weswegen ich die Plätze von ein paar hundert Meter vom Warmwassereinlauf füttere und befische ist der, daß kaltes und warmes Wasser bei dieser Entfernung am besten durchgemischt ist und bietet eine konstante Temperatur ohne größere Oscilation.
- Mini Boilies auf PVA Stringer und PVA Bag
Die Plätze die ich befische sind meistens mit Doppelkanten und die Montage platziere ich auf die zweite Kante, die ca 15 Meter vom Ufer entfernt ist und auf ca. 4-5 Meter Tiefe. Auf dieser Stelle ist das Wasser noch recht schnell und der Karpfen nimmt die Nahrung mit wenig Vorsicht und sehr energisch, so daß eine schlecht eingestellte Bremse oder Baitrunner-System an der Rolle sehr oft zu einem Rutenverlust führt. Diese Stelle füttere ich 7 bis 10 Tage vor dem Angeln und mit 1bis 2kg. Boilies in Kopfkissenform aus eigener Hausproduktion mit Kombination Miniboilies von 10 mm. Vielleicht sind andere Angler der Meinung, daß das einfach zu viel ist für die Winterzeit aber ich nehme immer mit Absicht etwas mehr Boilies, weil Weißfische, die in einer enormen Zahl im Neckar vorhanden sind, auch einen großen Teil davon wegfressen. Dazu kommt auch noch der Schiffsverkehr durch dessen Sog das Futter vom Futterplatz weggespült wird. Die Futterkampagne dauert etwas länger aus dem Grund, weil ich der Meinung bin, daß der Karpfen nicht so oft am fressen ist und mit einer längeren Futterkampagne bin ich sicher, daß wenige von denen mindestens 2 mal am Futterplatz waren und ein paar Boilies gefressen haben. Während dem Angeln füttere ich gleich am Anfang mit 2 Händen voll 10 mm Minis und ca. 20 kopfkissenförmigen Boilies pro Rute und natürlich mit PVA-Springer mit 5-6 Minis oder PVA-Beutel mit der Mischung an dem Haken dazu.
- Wintermorgen am Wasser kann auch idyllisch sein.
Auf der Strecke ohne Warmwassereinlauf befische ich Stellen in der Nähe der Schleuse am Oberwasser, weil diese Abschnitte auch am ruhigsten und tiefsten sind und der Karpfen sich mit Minium an Energieverlust dort aufhält. Solche Plätze können sehr oft täuschen, weil sie auf den ersten Blick sehr einfach zu befischen scheinen. In diesen Abschnitten ist das Flussbett sehr unterschiedlich konfiguriert mit vielen Löchern, Plateaus und vielen Hindernisse, in Form von Bäumen und Ästen, die durch Hochwasser dort hingebracht worden sind. Das alles macht natürlich das Finden und Befischen des Karpfens nicht so leicht.
- Vor jeder Schleuse ist auf einer Seite des Ufers eine Betonspundwand, die meistens bis zu über 500 Meter lang ist. An diesen Spundwänden legen die großen Schiffe an, die an der Schleuse warten oder eine Ruhepause oder den Feierabend genießen. Von diesen Schiffen werden immer Futterüberreste ins Wasser geworfen und mit den Anlegen und Losfahren des Schiffes wird der Grund aufgewühlt, daß sehr oft suchen die Karpfen nach dem Fressbaren. Auf der anderen Seite ohne Spundwand ist das Ufer in der Sommerzeit sehr stark mit Pflanzen und Seerosen bewachsen, was auch im Winter einen sehr guten Aufenthaltsort oder zumindestens einen Fressort für den Karpfen bietet. Andere Stellen, die ich auch befische sind in den Außenkurven, weil diese Stellen auch die tiefsten mit meisten Unebenheiten auf dem Grund sind. Diese Stellen werden aber ständig durch das Hochwasser geändert. Nicht selten werden die Stellen auch durch die neue Schlammauflage flacher oder wird das Ufer runtergespült.
- Schöner gehts nicht.
Leider werden solche Stellen vom Wasserschiffahrtsamt schnell mit Steinpackungen zugeschüttet und gleich verändert und damit zum angeln unmöglich gemacht. Deswegen ist die völlige Information über die Aktivitäten aller Art am Fluss sehr notwendig. Im ruhigen Bereich der Schleuse habe ich festgestellt, daß sich die Karpfen an mehreren Stellen aufhalten und überwintern und nur an wenigen Plätzen fressen. An solchen Orten ist der Karpfen sehr sehr vorsichtig und frisst noch seltener als im oberen schnelleren Bereich. Deswegen füttere ich nur mit 10 mm Boilies, die aus Fisch- oder Erdnußmixen bestehen und zwar ca. 10 Tage vor dem Angeln. Aromen die ich meistens benutzte sind Muschel, Lever, Erdnuß und Anis, wobei ich denke daß der Unterschied der Aromen größere Wirkung auf den Angler als auf den Fisch hat. Meiner Meinung nach hat das Aroma nur die kürzere Wirkung den Fisch an den Futterplatz anzulocken, aber entscheidend für den Erfolg ist die Zusammensetzung und die Qualität der Boilies. Deswegen konzeptiere ich meine Boiliemixe so, daß ich sicher bin daß der Karpfen sie sehr gern für längere Zeit aufnimmt und leicht verdaut.
- Spiegler bei -5°C
Weil ich für die Futterkampagne und auch beim Angeln als Köder sehr kleine Boilies benutzte, passe ich auch meine Montage dem an. Seit Jahren benutze ich nur die Safety-Bolt-Montage und nie kleiner als 150 g. In der restlichen Jahreszeit benutze ich Kombi Rig mit 20 cm 25 lbs Amnesia und 2 cm 35 lbs Krystonite und jetzt in der Winterzeit 25 cm 20 lbs Amnesia und 5 cm 25 lbs Krystonite. Die meistbenutzte Hakengröße ist die Größe 6, beködert mit 1-2 Minis oder einem 14 mm Boilie und natürlich mit PVA-Stringer oder PVA-Beutel dazu. Die Ruten, die ich konstant am Neckar benutze für die mittlere Distanz sind 12` 2 lbs mit parabolischer Aktion, die mir ein fantastisches Gefühl beim Drillen großer Karpfen verleiht. Schlagschnur benutze ich nie, deswegen habe ich auf der Rolle durchgehend 0,40 mm monofile Schnur. Neben Futter und Ködern ist noch einer und vielleicht der wichtigste Faktor für einen guten Fang am Neckar der Wasserstand. Ich möchte nicht daran denken wieviel Futter ich sonst in den Neckar reingekippt habe ohne angeln zu können, weil der „Bach“ mir einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Zur Zeit reicht ein eintägiger Dauerregen aus es unmöglich zu machen am Neckar zu angeln. Konstanter Wasserstand mit winzigen Erhöhungen ist sehr gut für einen guten Fang. Mit leicht erhöhtem Wasserstand sind die Karpfen mehr in Bewegung und automatisch haben sie einen höheren Nahrungsbedarf. In der Winterzeit sind außer dem Wasser-bestand auch noch die Wetterbedingungen entscheidende Faktoren für den Erfolg. Mäßige Niederschläge und Wärmeausbrüche haben sehr positive Wirkung auf den Appetit des Karpfens. Nur im Fall einer Krankheit oder Abwesenheit könnte es passieren, daß ich nach 3 –4 Nächten mit einer Temperatur von + 4° C nicht am Wasser bin. Es geht nicht darum, daß es mir angenehm ist nur bei Plus-graden zu angeln, ich habe auch schon bei –15° C die ganze Nacht am Wasser verbracht, sondern es geht darum, daß nach 3 – 4 Nächten mit + - Graden die Wassertemperatur sich um mindestens 2 Grad erhöht, was sehr vielver-sprechend klingt.
In der Winterzeit fische ich gern wenn Schnee liegt, weil mir dies ein ganz anderes Gefühl verleiht, wie das Fischen beim sommerlichen Grün. Seitdem ich in Deutschland lebe habe ich leider noch keinen richtigen Schnee gesehen, weil in meinem Wohnort der Schnee schneller schmilzt wie er fällt. Es war bisher immer so, wenn ich mit einer Futterkampagne anfing während Schnee lag, war er bis zum Tag des Angelns auch schon wieder weggeschmolzen. Vor ca. 2 Jahren konnte ich im Dezember eine Futterkampagne durchziehen und mit angeln beim Schnee beginnen. Ich hatte mit meinem Angelkollegen sehr viel Schwierigkeiten bei diesem Schneesturm unser Wohnzimmer aufzubauen. Als alles fertig war und die Köder auf dem Spot platziert, kamen mir kindliche Ideen auf die Marian nur mit Kopfschütteln reagiert hat. Ich wollte unbedingt einen Schneemann bauen und die dazu gehörende Schneeballschlacht machen und natürlich haben wir unser Angelgebiet mit unseren Namen im Schnee markiert (man weiß, wie das Kinder machen). Ich hatte irgendwie das Gefühl, daß die Fotos mit dem Karpfen im Arm neben dem Schneemann sehr witzig werden können und daß man nicht jedes Jahr diese Chance hat auf solche Bilder. Als alles fertig war gingen wir in unsere „Iglus“ und wärmten uns mit ein paar Gläsern Glühwein auf. Der Wind draußen klang wie eine Sinfonie für uns, bis ich wegen einem riesigen Döbel raus mußte. Ein paar Stunden später kam dieser lang gewünschte und erwartete Run. Ich denke, daß ich beim Rutenanhieb aufgeregter war als bei meinem ersten Karpfendrill und ich betete nur nicht den Fisch zu verlieren. Der Fisch, wahrscheinlich auch aus dem Winterschlag herausgerissen, kämpfte wie ein Verrückter. Mit wackeligen Knien hatte ich nach 15 – minütigem Kampf den Fisch über den Kescher gezogen. Beim Versuch ihn bis zu der Matte zu tragen, sah ich daß es sich um einen nicht schlechten Fisch handelt , was mir einen Freudenschrei entriss.
- Wegen Dauerhochwasser bin ich erst am 02.02. mal zum Fischen gegangen und diesen Schuppi als allerersten Fisch im Jahr 2002 gefangen.
Natürlich hat das Ambiente einiges dazu beigetragen, daß die Fotos sehr schön geworden sind und der Schneemann hat auch schön gelacht. Letzten Winter hatte ich keine Chance auf solche Bilder, weil der Neckar mit seinem Wasserstand getan hat was nur ihm passt. Zum Schluß möchte ich noch sagen, daß sich während der Wintermonate Beißzeiten zwischen 7 Uhr morgens und 11 Uhr vormittags und 15. Uhr mittags bis 1 Stunde nach dem Sonnenuntergang bewegen. An sonnigen und warmen Tagen ist den ganzen Tag mit Bissen zu rechnen.
Ich bitte Euch Verständnis zu haben, daß ich nicht jeden Platz einzeln preisgegeben habe, weil ich den Text nur als eine leichte Anregung für eure Arbeit beim Karpfensuchen in Winterzeiten geschrieben habe.
Mit der besten Hoffnung für Euch und für mich natürlich auch, daß der nächste Winter uns noch ein paar schöne Schneekarpfen beschert in diesem Sinne
Tomislav Popović
alias Toma Karp